Beschreibung
Innerhalb der vergangenen drei Monate ist so viel passiert, dass wir unsere Themen für dieses Magazin fast wöchentlich hätten neu ausrichten können. Politik ist zweifelsohne verknüpft mit sämtlichen Belangen der Stadt- und Projektentwicklung. Unser Blick richtet sich nicht erst seit der vergangenen Bundestagswahl Richtung Regierung; wenngleich das Ergebnis natürlich die Frage im Raum stehen lässt, wie sie denn aussieht – unsere Stadtgesellschaft von heute, morgen und übermorgen? Es wird hierauf nicht die eine Antwort geben, sondern viele. Und wir tun gut daran, uns endlich daran zu gewöhnen, dass einer Zeit, die auf ganz verschiedenen Ebenen von so hoher Komplexität geprägt ist, nicht mit einfachen Antworten und Lösungen begegnet werden kann – ja, nicht begegnet werden darf. Was passiert, wenn wir letztgenannten Weg gehen, spüren wir bereits: Eindimensionales Denken schlägt uns entweder auf die eine oder auf die andere Seite. Wir predigen Vielfalt und leben eine Engstirnigkeit, wie man sie bislang in diesem Land nicht erlebt habe. Unsere Mitte ist zu einem mikroskopisch kleinen Punkt geschrumpft. Meine Hoffnung: Wer sich hier tummelt, ist noch dazu fähig und willens, dem Schwarz-Weiß-Denken eine tiefere Dimension zu verleihen. Abtauchen in das, was unter der Oberfläche verborgen liegt, ist auch die Absicht der aktuellen polis-Ausgabe. Seit einigen Monaten, wenn nicht gar Jahren, verändern sich die Fragestellungen und Herausforderungen für Städte und ihre Gestalter:innen nur marginal. Das ist einerseits nachvollziehbar, wenn wir zugrunde legen, dass Prozesse, die Stadtentwicklung betreffen, zeitaufwändig sind und eine Fülle an Expert:innen involvieren. Unverständlich wird es aber dann, wenn wir z. B. mit Blick in andere Länder sehen, dass urbanen Herausforderungen durchaus agiler und flexibler begegnet werden. Anders gesagt: Was, wenn wir uns einmal trauen würden, den Blick eine Ebene tiefer zu lenken, zu jenen (verborgenen) Systemstrukturen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zwar als tauglich erwiesen haben, uns heute aber aufgrund der o. g. Komplexität ausbremsen? Ja, ich wage zu behaupten, dass es für einige Akteur:innen unangenehm werden könnte. Den Status quo zu hinterfragen, also die Spitze des Eisberges zu verlassen und ins kalte Wasser zu springen, um sich so endlich ein vollständiges Bild des Berges machen zu können, bedarf nicht nur Überwindung, Mut und Neugier, sondern auch die Akzeptanz, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit danach nichts mehr so ist, wie es vorher war. Denn vielleicht kennen Sie es auch: Haben Sie einmal den Blick unter die Oberfläche, in den Abgrund oder hinter die Kulisse gewagt, sehen Sie die Welt fortan mit anderen Augen und treffen zwangsläufig andere Entscheidungen als bisher. Was, wenn wir dieses tiefere Verständnis auch für unsere Städte aufbringen?